It was a pleasure to hold the closing keynote for the wonderful ECSA conference on April 5th. Very soon I will upload my slides and lecture notes. in the meanwhile please refer to the recording:
https://www.youtube.com/watch?v=wsApsXIIWkU
Muki Haklay also provides his notes on my lecture in his blog: https://povesham.wordpress.com/2024/04/06/notes-from-ecsa-2024-katja-mayers-keynote-on-participatory-turns-in-the-social-sciences-and-lesson-to-citizen-science/
The Falter Magazine Heureka reported on my keynote here:
https://www.falter.at/heureka/20240522/wissenschaft-als-gemeinschaftswerk/_69f682377a
Partizipative Wenden: Die steinigen Wege zur Anerkennung partizipativer Ansätze in den Sozialwissenschaften und deren Lehren für die Citizen Science
Die Integration gesellschaftlicher Partizipation in die wissenschaftliche Wissensproduktion ist das Kernanliegen von Citizen Science. Trotz der langen Tradition partizipativer Ansätze in den Sozialwissenschaften, wie der Participatory Action Research in Disziplinen wie Soziologie, Bildungswissenschaften und Anthropologie, offenbart ein historischer Rückblick die Komplexität und die Herausforderungen, die mit der Anerkennung und Implementierung dieser Methoden verbunden sind. Frühere Ansätze partizipativer Forschung fanden oft nur am Rand akademischer Diskurse Anerkennung und stießen auf strukturelle sowie Macht-basierte Widerstände. Zudem war die Abgrenzung von politischem Engagement und sozialwissenschaftlicher Forschung ein wiederkehrendes Dilemma.
In meinem Vortrag widme ich mich der komplexen Geschichte partizipativer Forschungsmethoden, die sich durch diverse epistemische Kulturen und wissenschaftliche Praxisfelder zieht. Dabei beleuchte ich insbesondere die Schwierigkeiten, die diese Ansätze in der Vergangenheit begleiteten, wie das Machtgefälle zuungunsten partizipativ Forschender und die Herausforderungen bei der Etablierung von nachhaltigen Strukturen für diese Ansätze. Anhand ausgewählter Beispiele erörtere ich, welche Lehren wir für die Gestaltung und Organisation von Citizen Science Projekten ziehen können, insbesondere im Hinblick auf die Governance von Partizipation und die Anerkennung der Beiträge aller Beteiligten in der gemeinsamen Wissensproduktion. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie die partizipative Forschung effektiv die Herausforderungen in der Praxis überwinden kann, um eine inklusive und wertschätzende transdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsumgebung zu fördern, die sozialen Wandel unterstützt.
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Ich durfte bei der ECSA 2024 Konferenz in Wien die abschließende Keynote halten. Thema war "Participatory Turns: The Bumpy Roads to Recognition of Participatory Approaches in Social Sciences and Lessons for Citizen Science". Mein Ausgangspunkt für den Vortrag ist die Notwendigkeit, das Phänomen der “Partizipation” an der Produktion von (wissenschaftlichem ) Wissen feldübergreifend zu verstehen. Darunter wird eine Beteiligung von Nicht-WissenschaftlerInnen am Forschungsprozess verstanden, mit dem Ziel, die Produktion von Wissen zu demokratisieren, was wiederum bestehende Machtverhältnisse (Stichwort Autorität, Wahrheit, Expertise) in der Wissensproduktion zu handhaben versucht. Ziel ist also die aktive Einbeziehung der Menschen, deren Lebensräume erforscht werden, jedoch nicht als Forschungssubjekte, sondern als Teilnehmende an der Wissensproduktion. Dies beinhaltet sowohl mehr Daten über etwas zu sammeln, aber auch diese gemeinsam zu analysieren und die Resultate zu evaluieren, diese dann aus der Wissenschaft beispielsweise in Krankenhäuser oder Politik zu bringen. Besonders ausgeprägte Formen der Partizipation inkludieren die Expertise von Nicht-wissenschaftlerInnen bereits bei der Findung von relevanten Forschungsfragen, oder auch im Forschungsdesign. In der Citizen Science finden wir alle Schattierungen von Partizipation. Ich interessiere mich nun für die historische Entwicklung solcher partizipatorischer Ansätze. Gab es in vielen Feldern sogenannte “participatory turns”? Wenn ja, wie sahen diese aus, in welchen sozio-politischen oder auch geopolitischen Kontexten wurden sie geschaffen und angewendet? Welche Entwicklungen haben solche Ansätze durchlebt? Wie wird heute Partizipation in diesen Feldern angewendet und ausverhandelt?
Es wird ja vielerorts davon ausgegangen, dass mehr Partizipation (auch in politischen Prozessen) automatisch mehr Demokratie mit sich bringt, und sozial robustes Wissen schafft. Gerade in Zeiten von extremen politischen Diskursen, Mis- und Disinformationskampagnen und Social Media ist die Frage nach der Wissensproduktion aktueller denn je! In diesem Zusammenhang interessieren mich ganz besonders die Sozialwissenschaften und mit ihnen auch die Geistes- und Kulturwissenschaften, die zwar viel Wissen schaffen, aber oftmals als Wissenschaften unsichtbar bleiben. Man denke beispielsweise an Facebook, welches als sozialwissenschaftliche Methode der sozialen Netzwerkanalyse seinen Ausgang genommen hat. Weiters denken viele Techno- oder NaturwissenschaftlerInnen, die sich im Citizen Science Bereich bewegen, dass die Sozialwissenschaften ohnedies partizipativ arbeiten, doch das - so will ich zeigen - entspricht in vielen Bereichen nicht der Realität. Anhand von 3 ausgewählten Beispielen und deren kurze Einbettung in ihre historische Entwicklung möchte ich verschiedene Aspekte herausgreifen, die aufzeigen, wie wenig “selbstverständlich” heute immer noch Partizipation in den Sozialwissenschaften ist.